„Bei Long Covid hilft eine psychosomatische Rehabilitation“ schreibt in obiger Pressemitteilung die DRV Braunschweig-Hannover. Angeblich sei dies durch eine Studie belegt. Beides ist unhaltbar! Es gab keine wirkliche Kontrollgruppe.
Fun Fact: Bei den Forschungsergebnissen handelt sich um eine Masterarbeit an der Universität Hildesheim, in welcher 7 Fragebögen ausgewertet wurden.
Demgegenüber gibt es dutzende Erfahrungsberichte von Betroffenen, deren Gesundheitsszustand sich durch eine psychosomatische Rehabilitation drastisch verschlechtert hat.
Jegliche Anstrengung führt (bis zu 72 Stunden zeitverzögert) zu Post-Exertioneller Malaise (PEM).
Erkrankte müssen ihre Grenzen ausloten, um individuelle Belastungsgrenzen möglichst nicht zu überschreiten weil andernfalls der Crash droht und der Gesundheitszustand sich bis hin zur dauerhaften Bettlägerigkeit verschlechtern kann.
Pacing ist das Zauberwort und auf aktivierende Therapien sollte dringlichst verzichtet werden.
PEM ist das Hauptsymptom von ME/CFS.
Belastungsintoleranz nach Aktivierung über die individuell unterschiedlichen Grenzen führt zu einer deutlichen Zustandsverschlechterung (Minimum 14 Stunden, Keine Zustandsverbesserung nach Ruhe)
https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2023.04.24.23288821v1.full
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Mit dem validierten Fragebogen DSQ-PEM ist PEM klinisch darstellbar. https://www.mdpi.com/2075-4418/8/3/66
Beispiele experimenteller Auffälligkeiten bei PEM:
➡️ vaskulär, zB mdpi.com/1660-4601/18/5…
➡️ metabolisch, zB mdpi.com/1422-0067/24/4…
➡️ immunologisch, zB mdpi.com/1422-0067/24/3…
Diese Untersuchungen sind keine Routineuntersuchungen.
Mit zweimaligem CPET binnen von 24 Stunden kann gezeigt werden, dass Menschen mit ME/CFS im Vergleich zu scheinbar gesunden Kontrollpersonen eine klinisch signifikante Test-Retest-Reduktion der Arbeitsleistung an der anaeroben Schwelle aufweisen. https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/21641846.2022.2108628
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Sportliche Betätigung bei Personen mit myalgischer Enzephalomyelitis/chronischem Erschöpfungssyndrom (ME/CFS)??? "ME/CFS-Probanden brauchten durchschnittlich fast zwei Wochen, um sich von einem zweitägigen CPET zu erholen, ... Fast 10 % der ME/CFS-Patienten brauchten mehr als drei Wochen, um sich zu erholen, ... Patienten (~1 %) das Gefühl hatte, er habe sich nach einem ganzen Jahr noch nicht erholt... Unsere Studie ist der erste Versuch, den zeitlichen Verlauf der Genesung von einem Belastungsstressor bei Personen mit ME/CFS genau zu untersuchen... Unsere Daten deuten darauf hin, dass eine abgestufte Bewegungstherapie mit ziemlicher Sicherheit schädlich sein würde." Behandelnde Ärzte und Patienten sollten sich "der extrem langen Zeit bewusst sein, die Personen mit ME/CFS – ob männlich oder weiblich – benötigen, um sich nach einem Belastungsstress zu erholen. Zusammenfassend deuten die vorliegenden Daten darauf hin, dass die „Halbwertszeit“ der Erholung – die Zeit, die benötigt wird, bis sich die PEM-Symptome um die Hälfte verringern – nach maximaler Aerobic-Übung bei einer Person mit sitzender Tätigkeit einige Stunden beträgt, bei einer Person mit Bei ME/CFS beträgt die Halbwertszeit einige Tage. Diese Ergebnisse bieten eine solide Unterstützung für diejenigen, die davor warnen, bei Personen mit ME/CFS eine abgestufte Bewegungstherapie anzuwenden." https://www.mdpi.com/1648-9144/59/3/571 ________________________________________________________________________
Menschen mit Long-COVID erleben PEM. Es gab signifikante Unterschiede in der PEM bei Menschen mit Long-COVID im Vergleich zu Patienten mit ME/CFS. Dies kann daran liegen, dass Long COVID neu ist und man nicht weiß, was Belastungsintoleranz ist und wie man damit umgeht.
https://content.iospress.com/articles/work/wor220581
____________________________________________________________________________ Ein gewisser Prozentsatz von Long Covid Patienten erfüllt auch die ME/CFS-Kriterien. "Insgesamt liefert unsere Studie Hinweise darauf, dass Patienten nach einer milden COVID-19-Erkrankung in einer Untergruppe ein chronisches Syndrom entwickeln, das die diagnostischen Kriterien von ME/CFS erfüllt. Durch die Definition und Charakterisierung von Untergruppen von PCS-Patienten konnten wir Assoziationen von HGS mit Biomarkern identifizieren, die auf Minderdurchblutung und Entzündung als potenzielle Pathomechanismen hinweisen könnten. Wir müssen damit rechnen, dass diese Pandemie das Potenzial hat, die Zahl der ME/CFS-Patienten dramatisch zu erhöhen. Gleichzeitig bietet es die einzigartige Chance, ME/CFS-Patienten in einem sehr frühen Krankheitsstadium zu identifizieren und Interventionen wie Stimulation und Bewältigung frühzeitig anzuwenden, um eine bessere therapeutische Prognose zu erzielen. Darüber hinaus ist es eine beispiellose Gelegenheit, den zugrunde liegenden Pathomechanismus zu verstehen und Ziele für spezifische Behandlungsansätze zu charakterisieren."
https://www.nature.com/articles/s41467-022-32507-6
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Erfahrungsberichte:
Sowohl bei ME / CFS als auch bei Long Covid stehen die Betroffenen vor der Mammutaufgabe, ihre behandelnden Ärzte aufklären zu müssen. Deshalb hier nochmal zur Erinnerung die 5 diagnostischen Fallen: